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Die Schwarzerle wird auch als Roterle bezeichnet, weil sich nach dem Fällen die Holzflächen unter Einfluss des Lichtes und der Luft mohrrübenrot färben. Ihre lateinische Bezeichnung "Glutinosa" bedeutet leimartig und bezieht sich auf die klebrigen jungen Triebe, welche früher gegen die Mückenplage in den Häusern aufgehängt wurden.
Die Schwarzerle tritt entweder als Strauchform oder als schlanker Baum mit einer Wuchshöhe bis zu 30 m in Erscheinung, der mit seinem geraden Stamm weit in die ovale Krone reicht. Oftmals ist der Baum mehrstämmig. Die Seitenäste der Krone haben fast eine waagerechte Form ausgebildet.
Die Baumrinde einer jungen Schwarzerle ist glatt und von den Farbnuancen grün- oder graubraun. Je älter der Baum wird desto mehr wandelt sich die Borke zu einer braunschwarzen und rissigen Tafelborke um, die langsam in senkrechten Plättchen abbröckelt.
Die weiblichen und männlichen Blütenstände erscheinen schon im Sommer vor der Blüte. Die weiblichen Blüten bestehen immer aus 2 bis 8 gestielten, rotbraunen Zäpfchen, die zwischen 1 bis 2 Zentimeter lang, traubenförmig oder ährig an einem langen Stiel angeordnet sind. Die männlichen Blüten treten als 6 bis 12 Zentimeter lange Kätzchen in Erscheinung, die zur Blüte schlaff am Zweig hängen.
Die Laubblätter entfalten sich nach der Blütezeit. Sie sind von ovaler oder rundlicher Form mit einer eingekerbten Spitze. Sie verfügen über einen gesägten Blattrand. Ihre Länge beträgt 4 bis 10 Zentimeter. Sie sind wechselständig angeordnet. Der Blattstiel hat in der Regel eine Länge von 0,5 bis 1,5 cm.
In Abhängigkeit vom Standort hat die Schwarzerle entweder ein tiefreichendes Pfahl- oder Herzwurzelsystem oder auf flachgründigen Standorten wachsen die Wurzeln oberflächennah und weit ausgebreitet bis zu 4 bis 5 Meter von der Stammbasis weg. Das Wurzelsystem der Schwarzerle hat sich gut dem Sauerstoffmangel bei Staunässe oder Überflutung angepasst. Ein inneres Belüftungssystem erlaubt ihren Wurzeln eine ausreichende Luftzufuhr, dadurch sichert die Schwarzerle ihr Überleben in Auen und Mooren. Bei Überflutungen kann auch die Schwarzerle zusätzliche Wurzeln ausbilden.
Die Schwarzerle verfügt über eine Besonderheit. Im Wurzelbereich geht sie mit Mikroorganismen unter der Bildung von dauerhaften Wurzelknöllchen eine Symbiose ein. Diese Mikroorganismen können Stickstoff aus der Luft aufnehmen und verändern ihn so, dass er von der Schwarzerle direkt aufgenommen werden kann. Die Symbiose macht die Schwarzerle unabhängig von der Stickstoffversorgung ihres Standortes.
Die Blütenpollen der Schwarzerle sind gefürchtete Heuschnupfenauslöser.
Als rasch wüchsige Pionierbaum hat sich die Schwarzerle auch unfruchtbare Böden und sogar bei der Rohbodenkultivierung unter anderem auf Kohlenhalden bewährt. Gegen Beschattung reagiert die Schwarzerle empfindlich. Sie gedeiht am besten im Freistand. Mit dem ihr zur Verfügung stehenden Wasser geht sie mangels Regulation verschwenderisch um. Beheimatet ist die Schwarzerle in ganz Europa außer dem nördlichen Skandinavien. Sie kommt bis in eine Höhe von 800 m vor.
Schwarzerlen sind typische Bewohner von Bachufern. Sie überstehen Dauerüberflütungen gut. Durch ihr ausgeprägtes Wurzelsystem befestigen sie ganze Uferbereiche. Schwarzerlen bieten unzähligen Wassertieren Schutz und Lebensraum.
Siehe auch Baum als Lebensraum.
Die Schwarzerle liefert ein weiches Holz, das sich gut verarbeiten und trocknen lässt. In Wasser gelegt, saugt sich ihr Holz schnell voll. Es erreicht eine Widerstandskraft und Dauerhaftigkeit unter Wasser ähnlich der Eiche. Deshalb wurden früher viele europäische Pfahlbausiedlungen, z. B. Amsterdam, auf Erle gebaut.
Das Holz der Schwarzerle wurde früher auch zu Tischler-, Drechsler und Schnitzarbeiten verwendet. Besonders häufig wurde das Erlenholz für Gerätschaften im Haus und Hof genutzt. Heute kommt es als Schälholz für Sperrholzplatten und Modellbauholz wie auch im Möbel- und Instrumentenbau zum Einsatz.
Die Schwarzerle eignet sich von den drei einheimischen Erlenarten am Besten zur Uferbefestigung an Fließgewässern, da ihre Wurzeln bis in eine tiefe von 4 m wachsen. Auch im Landschaftsbau wird die Schwarzerle als Pionierbaumart und Bodenverbesserer insbesondere bei Deponiestandorten, Böschungssicherungen an Straßen und bei kontaminierten Böden gepflanzt.
Traditionell zählt die Schwarzerle zu den Färbebäumen. Aus den Zweigen kann brauner und aus den Blüten grüner Farbstoff hergestellt werden. Altbekannt war das dauerhafte Schwarz der Borke zum Lederfärben. Auch aus den Erlenzapfen ließ sich eine dauerhafte schwarze Tinte herstellen. Daher wird wohl ihr Name Schwarzerle abstammen.
In der Vergangenheit sind die meisten Erlenwälder in Feuchtwiesen umgewandelt worden, so dass ein Teil der Erlenwälder in ihrem Bestand höchst gefährdet ist.
Mitte der neunziger Jahre des letzen Jahrhunderts wurde erstmals der Befall von Schwarzerle mit den pilzähnlichen Mikroorganismen der Gattung Phytophthora festgestellt. Diese Krankheit macht sich durch dunkle Flecken am Stamm in Kombination mit kleinen hellgelben Laubblättern bemerkbar. Sie tritt vor allem bei Erlen entlang von Bach- und Flussläufen auf.
Es sind insbesondere solche Standorte betroffen, an denen regelmäßig Hochwasser auftritt oder die einen sehr stark schwankenden Grundwasserspiegel aufweisen. Während der kalten Jahreszeit erfolgt der Befall vom Boden aus. Im Sommer bei hohen Temperaturen und Trockenheit können dann die kranken Bäume schlagartig absterben. Bisher gibt es nur die Möglichkeit, der Krankheit mit der Pflanzung von resistenten Baumsetzlingen zu begegnen. Trotzdem ist die Schwarzerle eine häufige und weit verbreitete Baumart.
In früheren Jahrhunderten war die Schwarzerle als Baum der bösen Geister, des Teufels und der Hexen verdammt, weil sie an Rändern „Menschen verschlingender“ Moore und an den Ufern „Mücken gebärender“ Tümpel wuchs. Bereits in der griechischen Mythologie ist die Erle an verschiedenen Stellen erwähnt. So taucht sie bei der Grotte der Nymphe Calypso auf, die Odysseus liebte und 7 Jahre zurückhielt. Der Göttervater Zeus verwandelte die Schwestern des Phaetons in Erlen. In Homers „Odyssee“ umgeben Erlen die Todesinsel „Aia“, die der Zauberin Kirke gehörte.
Mit Goethe und seinem „Erlkönig“ fand die Erle einen denkwürdigen Eingang in die Literatur. Zwar beruht Goethes „Erlkönig“ auf einem Übersetzungsfehler Gottfried Herders. Er übertrug das dänische „Ellerkonge“ (= Elfenkönig) ins deutsche als Erlkönig. Trotzdem verhalf Goethes Gedicht der Gestalt des mythischen Erlkönigs zu schnellen Ruhm.
Dieser Text entstand im Rahmen des Erlebten Frühlings 2006.